Chronik der
Gemeindewirtschaft in
Urspringen v. d. Rhön
Seit über 125 Jahren im Familienbesitz

Bereits in der ältesten noch vorhandenen
Dorfrechnung Urspringens aus dem Jahre 1575 wird das damalige
Gemeindewirtshaus als „Dorfschenke“ erwähnt.
In den Jahren zwischen 1575 und 1606 musste
der jeweilige Pächter des Gemeindewirtshauses je nach Ertrag zwischen 16 und
86 Gulden jährliche Pacht bezahlen. Dies blieb so bis ins 19. Jahrhundert.
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Damals hatte das Gemeindewirtshaus bereits
einen „Tanzboden“, der im Jahre 1626 ausgebessert und auch später
immer wieder erwähnt wird.
In einem Inventar aus den Jahren 1672 bis
1676 werden als Zubehör zur Gemeindeschenke ein Keller unter dem (alten)
Schulhaus (jetzt die Scheune der politischen Gemeinde) und unter dem
Schenkhaus, eine ¼ Scheune und ein Schweinestall erwähnt. Mit Ausnahme des
Kellers unter dem ehemaligen Schulhaus gehören diese Gebäudeteile bis heute
zur Gastwirtschaft.
Der erste Pächter der Gemeindewirtschaft,
dessen Namen überliefert ist, war Hieronymus Meusel, ein Sohn oder Enkelsohn
des hiesigen Pfarrers Andreas Meusel. Er hatte die Wirtschaft in den Jahren
1640 bis 1650 gepachtet. Zwischen 1650 und 1692 wechseln dann die Wirte
zeitweise jährlich.
Spätestens seit 1700 wird neben dem Tanzboden
auch ein „Fleischladen“ erwähnt. Im Gemeindewirtshaus wurden zu den
verschiedensten offiziellen Anlässen Speisen und Getränke eingenommen und
aus der Gemeindekasse bezahlt, z.B. wenn die Gemeindevertreter zu
Dienstgeschäften zusammenkamen oder auch bei der Visitation (Prüfung) des
Pfarrers und der Gemeinde.
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Im Jahr 1705 werden sogar die Zigeuner, die
sonst vor dem Tor lagern mussten, im Gemeindewirtshaus auf Gemeindekosten
verpflegt und dürfen dort übernachten. 1715 werden am Gemeindewirtshaus
größere Ausbesserungsarbeiten ausgeführt. Zimmerleute, Steinmetze und
Schreiner werden aus der Gemeindekasse bezahlt und Kalk und Dielen gekauft.
1719 erhält das Wirtshaus ein neues
Wirtshausschild. 1731 wird an der „Badestube“ „gebessert“.
Die in jedem Jahr stattfindende sogenannte
„Wirtsrechnung“ wuchs sich allmählich zu einem kleinen Fest für die
Beteiligten aus, das die Gemeindekasse 1728 immerhin über 5 Gulden kostete,
was „von oben“ beanstandet wurde.
Als 1733 wieder ein „Monitum“, d. h.
eine Ermahnung erfolgte, kam die knappe Antwort: „Ist herkommen“, d.
h. altes Recht. Daraufhin erfolgt keine weitere Ermahnung mehr.
1782 werden bei der Wirtsrechnung Pfarrer,
Kantor, d. h. der Lehrer, der gesamte 12er-Stuhl (Gemeinderat) genannt, also
insgesamt 14 Mann. 1784 waren es schon 19 Personen. Bis 1791 stieg die Zahl
auf 25 Personen und die Kosten von 5 Reichstalern auf 7 Reichstaler. – In
Urspringen ließ man sich eben das „Feiern“ bzw. den „Versch“
noch nie nehmen!
Im Jahre 1735 feiert der Schultheiß die
Hochzeit seines Sohnes im Wirtshaus und zahlt dafür 7 Groschen Miete an die
Gemeinde – die erste bekannte private Feier im Dorfwirtshaus! Das ließ
Kaspar Leiber nicht ruhen. Als im folgenden Jahr sein Sohn Hochzeit feierte,
hielt er diese auch im Wirtshaus ab und die Gemeinde strich wieder 7
Groschen ein.
1741 gab es im Wirtshaus auch ein
Salzmagazin, das sogar vom Amtsdiener „visitiert“ wurde.
In den Jahren zwischen 1740 und 1760 betrugen
die Einnahmen der Gemeinde von ihrem Wirtshaus jährlich zwischen 33 und 57
Gulden. Die Gemeinde musste ihrerseits für das Wirtshaus an das Amt
Lichtenberg einen sogenannten „Erbzins“, auch
„Schankgerechtigkeit“ genannt, abführen.
Im Jahre 1764 wurde das Gemeindewirtshaus an
der alten Stelle ganz neu erbaut. Die Rechnung hierüber ist noch erhalten.
In der Gemeindescheune befand sich im 18. Jahrhundert auch der sogenannte
„Wirtsstall“, der wohl dem Wirt und Fremden zum Einstellen der Pferde
diente. 1788 wurde im Wirtshaus an einem eigenen Backofen durch einen
0fensetzer aus Sulzthal gebaut.
1815 feierte man auch das Friedensfest nach
der Schlacht von Waterloo im Gemeindewirtshaus. Die „Hoboisten“, d.
h. die Musikanten, erhielten für die Musik 9 Reichstaler, der Wirt 23
Reichstaler für Brot, Bier und Branntwein. Für die „Hausarmen“ wurde
22 Pfund Rindfleisch gekauft, die sie in der Wirtschaft verzehrten. Die
Kinder erhielten für 4 Gulden Semmeln und für das Pulver beim Abfeuern der
Freudensalven wurden 5 Reichstaler ausgegeben. Auch 1871 feierte man ein
Friedensfest.
Im 19. Jahrhundert hielt aber auch der
obrigkeitliche Amtsschimmel Einzug in das Gemeindewirtshaus. Ein amtlicher „Actuar“ erhielt 1828 allein über 5 Gulden für die Ausstellung des
Pachtbriefes. Dafür gab es seither das schöne Fest der „Wirtsrechnung“
nicht mehr.
Nun wird auch das Gemeindewirtshaus zu einem
Zuschussbetrieb. Die Ausgaben der Gemeinde überschreiten die Einnahmen.
Dennoch wird 1833 noch eine größere Renovierung durchgeführt. Auch 1868 wird
das Wirtshaus nochmals umgebaut.
Der Pachtpreis war verhältnismäßig hoch. Um
1800 betrug die Jahrespacht 20 Taler und 3 Eimer Bier. Außerdem hatte jeder
Nachbar einen Eimer Bier und der Kirchenchor ebenfalls einen Eimer Bier
unentgeltlich zum Trunk zu bekommen. Als Gegenleistung bekam der Pächter
außer dem Nachbarholz noch 3 Klafter (deutsches Raummaß für Holz, 1 Klafter
= 3,338 cbm) Holz aus dem Gemeindewald unentgeltlich, später bekam er nur
noch 1 Klafter. 1845 betrug der jährliche Pachtzins 30 rheinische Gulden.
Nachdem der
Gemeinderat 1872 beschlossen hatte, das Gemeindewirtshaus nicht unter 3.000
Gulden zu verkaufen, erhielt am 7. Juni 1872 Kaspar Jäger III den Zuschlag
für 3.700 Gulden vor seinem Mitbieter Ludwig Heim, beide aus Urspringen. Die
Gemeinde behielt sich jedoch den neben dem Wirtshaus stehenden Pferdestall
zurück. Weiterhin wurde vereinbart, dass der Käufer auf 10 Jahre zum
Zwecke der Gemeindeversammlungen, Gemeindeeinnahmen und bei Versammlungen
des ldw. Vereins die untere Nebenstube rechts als das
Gemeinderaths-Sitzungslokal und den Tanzsaal auf Geheiß des
Gemeindevorstandes zu räumen und zu heizen hat. Dafür erhielt er einen
Klafter Holz als Vergütung.
Spätestens im April
1881 war Kaspar Jäger III „als unvermögend“ aus dem Wirtshaus
ausgezogen.
Im Oktober 1881 erhielt Robert Müller den
Erlaubnisschein zum Betrieb der Gemeindewirtschaft.
In einem Schreiben des Großherzoglichen
Bezirksdirektors in Dermbach vom 28. Juli 1881 wird zum ersten Mal der Name „Gasthof zum Hirsch“ genannt.
Im Nov. 1881 beantragte die Brauerei Karl
Streck in Ostheim v. d. Rhön, damals vorübergehend Besitzer der Wirtschaft,
die Genehmigung, einen Stellvertreter für die Gastwirtschaft zu bestellen
(Robert Müller?), der diese auf eigene Rechnung betreiben sollte. Das
scheiterte jedoch an den damaligen gesetzlichen Bestimmungen.
Am 16. Jan. 1882 wurde dem neuen Besitzer
Adam Wilhelm Henneberger (ein Vorfahre des heutigen Inhabers) in Urspringen
vom Großherzoglichen Bezirksdirektor der Erlaubnisschein zur Betreibung der
Gast- und Schankwirtschaft übersandt. Im Schreiben vom 14. März 1882 ist
ausdrücklich von dem von Adam Wilhelm Henneberger „erkauften Gasthofe“
die Rede.
Adam Wilhelm Henneberger wurde am 9. Mai 1853
als Sohn des Johann Valentin Henneberger, Bauer zu Herpf, im Großherzogtum
Sachsen-Meiningen und seiner Ehefrau Katharina Elisabeth, geb. Zimmermann,
in Herpf geboren. Er heiratete am 13. Mai 1884 in Urspringen Johanna
Mathilde Schröder aus Sondheim v. d. Rhön. Am 15. April 1903 verstarb Adam
Wilhelm Henneberger und seine Frau Johanne, später das „Hanne Frääle“
genannt, musste die Wirtschaft alleine führen. Die Tochter der Wirtsleute,
Olga Wilhelmine Henneberger, geb. am 20. April 1886, heiratete am 15. Mai
1906 Albin Stapf aus Urspringen. Am 1. März 1907 wurde Albin und Olga Stapf
eine Tochter Milda geboren. Bereits 2 Jahre nach der Geburt verstarb ihre
Mutter. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde Milda Stapf schon am 8. Juli 1910
alleinige Eigentümerin der Gastwirtschaft, die vorher jeweils zur Hälfte
ihren Eltern gehört hatte. Ihr Vater hingegen starb erst im Jahr 1929.
Am 11. Juni 1910 wird im Gasthaus zum
Hirsch eine öffentliche Fernsprechstelle eingerichtet. Damit ist
Urspringen nun auch an das Fernsprechnetz angeschlossen. Die Kosten hierfür
hat der Gemeinderat schon 1908 bewilligt. Für die Besorgung erhält der Wirt
1924 jährlich 30 Goldmark aus der Gemeindekasse. 1927 wird das öffentliche
Telefon in die neue Poststelle im Haus des Schmiedemeisters Rudolf
Barthelmes verlegt.
Milda Stapf heiratete am 6. Mai 1930 Albert
Drescher aus Urspringen. Albert Drescher erhielt am 7. Okt. 1930 die
Erlaubnis, „die bisher von dem Gastwirt Albin Stapf in Urspringen
betriebene Gastwirtschaft „Zum Hirsch“ fortzuführen.
Zum Ausschank sind Bier, Wein, Branntwein und Liköre zugelassen. Der
Betriebsinhaber ist verpflichtet, auch nichtgeistige Getränke bereit zu
halten. Das Gewerbe darf nur in den Räumen ausgeübt werden, die bisher zum
Gewerbebetrieb zugelassen waren und zwar in einem Gastzimmer und einem
Nebenzimmer im Erdgeschoß, sowie in dem Saal und in einem Fremdenzimmer im
Obergeschoß.“
Seitdem führten die beiden Eheleute die
Gastwirtschaft gemeinsam bis zum Tode von Albert Drescher am 9. Nov. 1980.
Von da an unterstützten die beiden Töchter Edith und Anni ihre Mutter
Milda bei der Führung der Gastwirtschaft. Ein Jahr später wurde Anni
alleinige Besitzerin. Zusammen mit ihrem Mann Hans Umla erfolgte der Umbau
zur Wirtschaft in der heutigen Form.

Im Jahr 1991 übernahm Sohn Ralf die
Gastwirtschaft und führt diese zusammen mit seiner Frau Ella. Mit den
Kindern Max und Lea wächst bereits die 6. Generation heran.
Zusammengestellt von
Elisabeth Böhrer und Pfarrer Karl Zeitel
Urspringen v. d. Rhön, in den Jahren 2003/2004
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